"Wenn du davon ausgehst, daß die einzige Methode, wie Kunst mit Geschichte umgehen kann, die archäologische ist, dann mußt du eine Schicht nach der anderen freilegen oder abtragen. Wenn du die eine Schicht abgetragen hast, fallen die Reste von der vorhergehenden herab, und je mehr Schichten du abträgst, desto mehr fällt von der oberen in die nächstfolgende. Du gräbst in einer Staubwolke. Es ist eine unendliche Beschäftigung, und du erhältst – das ist vielleicht der Vorteil von Kunst gegenüber Wissenschaft – nie eine reine Schicht. Der Vorgang des Ausgrabens ist immer mit anwesend. Nur dadurch hast du die Verbindung zwischen heute und damals, dem alten Stoff und dem heutigen Umgang."
[Heiner Müller in: Gesammelte Irrtümer. Interviews und Gespräche. Bd. 2. Hrsg. von Gregor Edelmann und Renate Ziemer. Frankfurt am Main: Verlag der Autoren, 1990, S. 89]